Jedes Katzenleben zählt
Über Jahre hinweg hat sich das Leid der Straßenkatzen in Deutschland zu einem der größten unbemerkten Tierschutzprobleme entwickelt. Auch im Kreis Düren ist die Situation weiterhin angespannt.
Das Elend der Tiere ist ein Missstand, der immer weiter zunimmt. In der Öffentlichkeit ist die Brisanz des Themas aber noch nicht angekommen. Denn im Gegensatz zu den Tieren aus dem Süden Europas, die viele Urlauber bspw. aus Hotelanlagen kennen, sind die hiesigen Straßenkatzen sehr scheu. Vom Menschen kaum wahrgenommen, leben sie versteckt und zurückgezogen auf verlassenen Grundstücken, Industriegeländen oder auf Bauern- oder Reiterhöfen.
Was sind Straßenkatzen und wo kommen sie her?
Straßenkatzen sind Katzen, die kein Zuhause haben und somit meist ohne direkten Kontakt zum Menschen leben müssen. Sie werden auch als Streuner, verwilderte oder frei lebende Katzen bezeichnet. Jede Straßenkatze stammt ursprünglich von einer privat gehaltenen Katze ab, deren Besitzer dem Tier Freigang ermöglicht hat, obwohl es nicht kastriert ist. Auch nicht kastrierte ausgesetzte oder entlaufene Katzen lassen die Population der Straßenkatzen ansteigen. Draußen gebären die Tiere – falls sie überleben – ihre Jungen, die sich nach der Geschlechtsreife ebenfalls vermehren. Und die Vermehrungsrate der Tiere ist extrem hoch. Nach 10 Jahren können aus einer Katze rund 200 Millionen Nachkommen entstehen.
Ein kurzes und qualvolles Leben
Dass die Streuner alleine zurechtkommen, ist ein Irrglaube. Alle Hauskatzen sind domestizierte Tiere, ehemalige Wildkatzen, die über Jahrtausende an ein Leben in häuslicher Umgebung gewöhnt wurden. Für ein Leben in freier Wildbahn sind sie nicht gerüstet, sondern auf menschliche Fürsorge, darunter auch die tierärztliche Versorgung, angewiesen.
Straßenkatzen kämpfen tagtäglich ums Überleben, sie haben Hunger und frieren in den kalten Jahreszeiten. Viele Streuner leiden an Verletzungen und ernsthaften Erkrankungen wie Parasitenbefall, Unterernährung und Katzenschnupfen. Schätzungen zufolge leben rund 2 Millionen von ihnen auf Deutschlands Straßen.
Katzenschutzreport deckt traurige Realität auf
Unser Dachverband, der Deutsche Tierschutzbund, hat unter dem Motto „Jedes Katzenleben zählt“ eine Kampagne initiiert, die das Leid der Straßenkatzen transparent machen soll. Ein neuer Katzenschutzreport des Verbandes enthält aktuelle Ergebnisse aus zwei bislang unveröffentlichten Online-Umfragen. Befragt wurden sowohl die dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossenen Mitgliedsvereine als auch Katzenbesitzer. Eine Tierheim-Trendumfrage von 2020 ergänzt die aktuellen Umfrageergebnisse. Der Report veranschaulicht unter anderem, warum es in Deutschland überhaupt Straßenkatzen gibt, welche Rolle Katzenbesitzer dabei spielen, weshalb die Population von Straßenkatzen immer weiter ansteigt und aus welchen Gründen die bisherigen politischen Förderungen für den Katzenschutz unzureichend sind.
Angespannte Lage im Kreis Düren – trotz Katzenschutzverordnung
Der bundesweite Missstand und eine tierschutzgerechte Lösung für das Leid der Straßenkatzen wird von der Politik vielfach ignoriert oder auf den ehrenamtlichen Tierschutz abgeschoben. Aufgrund unseres jahrelangen Kampfes für eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen dürfen wir uns im Kreis Düren eigentlich glücklich schätzen. Seit Beginn 2020 gilt hier in allen Kommunen die Kastrationspflicht, die ebenso wie die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht Inhalt einer Katzenschutzverordnung ist. Bei uns im Tierheim merken wir noch keinen Geburtenrückgang, es kommen immer noch viele Katzenkinder nach, was wir eindeutig auf Corona zurückführen. Von Januar bis Mitte September haben wir in diesem Jahr allein rund 125 Kitten aufgenommen. Und die Herbstkatzen kommen noch. Verglichen mit den Vorjahren ist dies ein deutlicher Anstieg, Ohne Katzenschutzverordnung und die zweimal im Jahr stattfindende Katzenkastrationskampagne, wäre die Anzahl sehr wahrscheinlich noch viel höher.
Viele Menschen schafften sich während der Pandemie eine Katze an und haben es teilweise versäumt, das Tier kastrieren zu lassen. Von den 15,2 Millionen Katzen, die laut dem Industrieverband Heimtierbedarf und dem Zentralverband zoologischer Fachbetriebe hierzulande zurzeit in menschlicher Obhut leben, ist jedes zehnte Tier nicht kastriert, so der Katzenschutzreport. Zahlreiche Besitzer wollen auch ihre unüberlegt angeschaffte Katze wieder loswerden. Landen die Tiere im Tierheim, können sie sich glücklich schätzen. Ausgesetzte und auch entlaufene Katzen erwartet auf der Straße ein anderes Schicksal.
Kastrationskampagnen
Seit 2015 finden im Kreis Düren zweimal jährlich Kastrationskampagnen für Kater und Katzen privater Besitzer statt. Neben unserem Verein gehören weitere lokale Tierschutzorganisationen, viele Tierärzte sowie der Kreis Düren zu den Initiatoren dieser Aktionen, bei denen bislang knapp 3000 Tiere kastriert wurden. Eigentlich ein gutes Resultat, aber aufgrund der momentan sehr angespannten Lage eher ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Aktuell läuft bis noch zum 22. Oktober die 18. Kastrationskampagne. Dabei können die teilnehmenden Besitzer sich über einen gratis Mikrotransponder für ihren Schützling sowie den kostenlosen Eintrag im Haustierregister FINDEFIX freuen.
Katzenschutzteam im Einsatz für die Streuner
Bereits seit vielen Jahren engagiert unser Verein sich für die freilebenden Katzen. Möglichst viele Streuner werden durch das ehrenamtliche Katzenschutzteam mit Lebendfallen eingefangen, wenn nötig tiermedizinisch versorgt und unfruchtbar gemacht. Ein Zusammenleben mit dem Menschen wäre für viele von ihnen stressbehaftet und unerträglich. Deshalb werden diese Tiere nach Kennzeichnung mit einem Mikrotransponder und Registrierung im Haustierregister FINDEFIX an ihrer Fangstelle zurück in die Freiheit entlassen, sofern dort eine ausreichende Versorgung mit Futter gewährleistet ist.
Aufgrund der aktuell eher steigenden Anzahl freilebender Katzengruppen ist die Installation weiterer Futterstellen im gesamten Kreisgebiet derzeit in Planung.
Durch das Katzenschutzteam gefangene Tiere, die sich während ihres Aufenthaltes im Tierheim als sozialisierbar erweisen, weil sie meist vor ihrem Leben auf der Straße in einer Familie mit Menschen lebten, werden in liebevolle und geduldige Hände vermittelt. Ihnen bleibt so das harte Leben auf der Straße erspart.
Unser Tierheim ist am Limit
Auffallend in diesem Jahr ist die hohe Anzahl zahmer Fundkatzen bei uns im Heim. Diese Tiere müssen sich bis kurz vor ihrer Aufnahme in Menschenhand befunden haben. Nur selten meldet sich aber ein Besitzer – ein deutliches Zeichen dafür, dass die meisten Tiere ausgesetzt und sich selbst überlassen wurden. Gründe für dieses verantwortungslose Verhalten scheinen die allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten, aber auch die angestiegenen Tierarztkosten zu sein. In der Regel sind die Fundkatzen weder kastriert noch gekennzeichnet, häufig in schlechtem Gesundheits- und Pflegezustand und nicht selten tragend.
Die überdurchschnittliche Belegung mit Fundkatzen (momentan sind es rund 100 Tiere, normal im Durchschnitt 60) bringt uns an den Rand unserer Kapazitäten und darüber hinaus - mit dramatischen Folgen. Denn fehlender Platz bedeutet, dass die Kastration und Versorgung der freilebenden, verwilderten Katzen aktuell stagniert. Und dies führt auf lange Sicht zwangsläufig zu einem weiteren Anstieg von deren Population.
Flickenteppich mindert Effektivität
Die Zuständigkeit zum Erlass einer sogenannten Katzenschutzverordnung wird von den Landesregierungen in der Regel auf die Kommunen übertragen. Durch die Zuständigkeit der Kommunen entsteht ein Flickenteppich, was die Effektivität der Verordnung mindert und damit ist eine flächendeckende Aufklärung der Katzenbesitzer nahezu unmöglich. Laut Katzenschutzreport haben innerhalb von 15 Jahren erst 11 % der Städte und Gemeinden in Deutschland eine Kastrationspflicht auf Basis des Tierschutzgesetzes oder des Ordnungsrechts eingeführt. In NRW sind es glücklicherweise aber schon 119 Kreise und Gemeinden.
Forderungen an die Bundesregierung
Es muss dringend eine bundesweite Regelung geben, die die Basis für den Katzenschutz in Deutschland bildet und die alle Katzen und Katzenbesitzer umfasst. Die Regelung könnte Teil einer umfassenden Gesetzgebung zum Schutz von Haustieren sein. Eine solche Heimtierschutzverordnung sollte die Kastration von Katzen mit Freigang vorschreiben und sicherstellen, dass Halterinnen und Halter ein Tier nur dann aufnehmen dürfen, wenn sie einen Sachkundenachweis vorweisen können. Darüber hinaus muss die Arbeit in den Tierschutzvereinen und Tierheimen endlich vom Staat finanziell unterstützt werden.
Jede Hilfe zählt!
Straßenkatzen brauchen uns Menschen, ohne unsere Hilfe können sie nicht lange überleben. Jeder von uns kann einen Beitrag zu mehr Katzenschutz leisten, auch wer selbst keine Katze hält.
- Lassen Sie Ihre Freigängerkatze kastrieren, kennzeichnen und registrieren, wenn Sie dies noch nicht getan haben.
Mittlerweile ist die Kastration von Katzen und Katern ein Routineeingriff und hat viele Vorteile. Die Kennzeichnung, z.B. mit Mikrochip sowie die Registrierung im Haustierregister FINDEFIX sind für Freigänger gleichermaßen sinnvoll wie für Wohnungskatzen, denn auch diese können einmal entwischen. - Unterstützen Sie unsere Arbeit
Spenden Sie für die Katzenversorgung oder speziell für die vielen Straßenkitten die wir im Heim versorgen. Sie können auch eine Patenschaft für Straßenkitten oder für frei lebende Katzen übernehmen. Ebenfalls freuen uns über Sach- und Futterspenden, die Sie während der Tierheim-Öffnungszeiten für unsere Katzen abgeben können. - Adoptieren statt kaufen
Sie möchten einem Stubentiger ein liebevolles Zuhause schenken? Dann informieren Sie sich in unserem Tierheim. Dort warten zahlreiche Katzen auf ein schönes neues Zuhause. - Posten Sie einen Beitrag über Straßenkatzen mit dem Hashtag #KatzenHelfen auf Ihren Social-Media-Kanälen oder teilen Sie unsere Beiträge
Auf diese Weise tragen Sie dazu bei, möglichst viele Menschen aufzuklären. - Klären Sie Ihr Umfeld auf
Ob innerhalb der Familie, im Freundeskreis oder unter Kollegen: Sprechen Sie über das Leid der Straßenkatzen, um die Problematik bekannter zu machen. - Unterstützen Sie die Kampagne „Jedes Katzenleben zählt“